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tokyo
es ist ruhe. die standortbestimmung an den vertrockneten resten eines müslifrühstücks zu hause gelassen. eine reise geht in knieweiche abenteuer los. angst ist existenziell wunderbar bodenlos und abgesichert vom reifen alter und anderen bürgerlichkeiten. so läßt sichs leicht in die fremde ziehen. und natürlich auch wieder etwas komplizierter. bis die fünf sinne richtig geeicht sind vergeht eine lange weile. hektisch manchmal, losgelöst, und das schiff mit den segeln will und will keinen ankerplatz finden. das schiff aber ist ein luxusdampfer, und die wilden wogen der weltenmeere bedrohen kaum einmal die magenwände.
mit solch sicherer unsicherheit gewappnet beginnt die suche nach den neuen erdenformen, und siehe da: sie finden sich so schnell, sie lauern hinter jeder ecke schamlos wie die lustverkäufer und beglücken und überströmen den betrachter mit faszinierendem glück und elend.
gewohnheit aber führt uns ein leben lang in den tod und irgendwann werden träume wirklichkeit und dann meldet sich das, was man, natürlich erst jetzt, schon immer zu lange verdrängt geglaubt wußte: heimweh. und schnell die koffer gepackt, alles wahllos hineingestopft, das alte und neue seelengepäck. zurückgekommen spielt man ergriffen das ganze von vorn und bald und so unwiderstehlich: fernweh.
die wahrheit sitzt immer hinter der nächsten ecke, und bis man endlich auf die zielgerade einbiegt ists lange schon aus. bleibt der glaube. dass es schweine gibt auf der erde, aber nicht nur. wir müssten wieder mehr sauställe bauen. dass wir beides brauchen. die reisen im bauch, die bilder, und die reisen im kopf, die wörter. und dass fremde nichts anderes ist, als der erstmals von kinderfüßen durchquerte raum.
wörterbilder
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im inneren wächst wieder
der urwald
die stadt hat die erde
vergessen
und still legt der baum sich
ins dickicht
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papiermädchen wandern
durch hölzerne städte
im reisfeld gekrümmt
kunstvoll ein alternder rücken
passt sich der landschaft an
die ubahn erschüttert das land
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zartbesaitet
kugelt ein spatz tot vom dach
sonnenball östlich vom westen steigt auf
mädchen haucht leis in den wind
und lässt die erde zerfallen
ists nicht so
ists wie zu haus
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es bebt die erde
ein hochhaus schwankt
ein suicidverdächtiger
rutscht vom geliebten sims
ein alter rabe warnt
mit müder stimme
die schwangere verliert
im supermarkt das kind
und auf dem bahnhof
der sandler
beruhigt seine hosen
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viel blut getrunken
den rohen fisch im magen zerstört
wenn ich hunger hab
ess ich abgetriebnes meiner frau
und überbacknes hirn
geht auch
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das teehaus
aus holz und papier
der nordwind weht kühl
durch den raum
die reismatten duften
nach hühnerstall
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zwei amseln am schrein
ein frommes pilgerweibelein
die lotusblume blüht dahin
ein mönch grabscht in die sünde
und weit und breit
kein papst
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wie schamlos zwei mädchen
und wange an wange
das fleisch in den schlaf legen
dann aber gleich
zerspringen vor scheu
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jeder wieder unter einer decke
und zwischendurch verstohlen mal was kleines
kein großes bett der freiheit
nicht viele mehr
nur du noch
meistens jedoch ich
zerknirscht voll wilder bilder
nur du noch du und du und du
bis die gebeine bleiben
dann mea culpa mea
kreuzstachlige rosenkränze
mittelalter
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machs nicht
nicht denken
so nicht
nicht jetzt
dreh dich nicht um
nach morgen schau nicht
du stehst
alleine
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und die liebe sie
schwimmt wieder obenauf
bricht zwischendurch
mit lautem getöse
darunter
im wässrigen fleisch
toben die kräfte
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und husch
in einem furz
der suprige eilzugexpress
obs regnet obs windet
was kratzt mich das land
vom start zum ziel
und hoffen
dass alles bald aus ist
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weil eigentlich ganz
und im grunde genommen
müssten wir ja schon längst
warums aber trotzdem
das weiß kein mensch
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und weißgeschminkt
und kleinbeschuht
mit schlitzen zerbrechlichen augen
und seidengewand im herbstlaubgefärb
durcheilt sie hauchdünnes geäst
am abend greift ihr im kabeltevau
der macho tief ins geweih
und reißt mich entzwei
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wirklich
schau ich aus dem fenster
sitz ich dort mitten
im neon vom hochhaus
ich wirklich
das hochhaus wirklich
die nacht wirklich
ich sitz da draußen
und schau mich
recht trübselig an
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es regnet ja
ein lüftlein weht
und alles kommt zu spät
fisch blind
tot kind
fleisch faul
stumm maul
es regnet ja
ein lüftlein weht
und alles kommt
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und freund
der schmerz durch mich
und nicht nur der
auf der müllhalde liegt
so mancherlei und möchte weg weg
und gebraucht werden
nur bücken müssten wir uns ohne stolz
und keine angst vor den gekrümmten rücken
sie werdens ja doch bald
und ganz von alleine
und lieber freund
der schmerz durch mich
und nicht nur der
liegt auf dem schutt und wird gebraucht
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wie du plötzlich geschwiegen
sturzbäche trockener tränen
wie sollt ichs nicht merken
drüber geschwindelt und wissen
dass es nicht geht
freundlichkeit über distanz
müssen mal wieder
klettern gehen
abwärts
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zum ende
was war da
in dieser zeit
zuerst die bomben
auf lybiens sände
und bald darauf
vom regen der tod
ein seltsamer kämpfer
in österreich zu ehren
ein weltkrieg im schönsten
deutschesten fluss
plastibezogene liebesaffären
was aber hier hier war
nein nein liebe freunde
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...
und bleibt
die schuld geht zurück
beim kaffee verdampft
heiße liebe
ein herrlicher sonnenaufgang
nie genug
ich krieg mich nicht voll
vorne ein loch
und hinten auch eins
was bleibt auf dem weg
wird verbrannt
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heimfahren jetzt
eigentlich nicht
angst vor der angst
wie es sein könnt
wie es sein wird
und trotzdem natürlich
abhauen nach west
es wird schon nichts passieren
es wird sich nichts verändern
es wird wohl doch ganz ruhig
die ersten weißen haare
wachsen uns ins hirn
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wir sind ins kino gegangen
wir taten mit fingerlein grabschen
in vietnams dschungelwäldern
ein meer von fleisch verkocht
ein berg von blut zerrann
nicht anzuschauen
so
was
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weiß du noch
ja
weißt du nicht mehr
nein
damals war immer anders
ein regenbogen ins wasser gefallen
die marsmenschen waren im hof
mein vater leicht millionär geworden
nachbars mariedl trug was im schoß
heut aber gibt’s das
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gut ist was gut ist
und schlecht ebenso
was ist was
wer ist wer
steh ich kopf
berühr ich den himmel
mit füßen
zertrete unendlichkeit
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bisher nur augen gesehen
nun öffnet sich auch schon manch herz
und wenn sich erstmals beine öffnen
programmerrorprogrammerrorprogra
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muss denken wies wär
ich fahr die hand entlang
an einem seidnen fleisch
in andre augen schau ich
und seh doch nichts zugleich
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der moloch
die stadt
jetzt haben wirs endlich geschafft
und alle sind wir beisammen
da ziehen die ersten schon wieder aufs land
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nicht übers leben springen
vom himmel reichen codierte fäden
die hölle ein problem der wissenschaft
doch immer wieder
laufen welche los
und fliegen
fahrzeuge gehen zu fuß
gestern zum beispiel
kam mir mein opa entgegegen
mein toter
und hat sich bald
höflich
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aber alle um uns
schaffen den großen bogen
nicht
weil sie vermessen sind
und spann und zieh
und zieh lass los
und leise reißen
kleine sehnen
am end die große
wartet bloß
wir reißen uns und ganz allein
schon vorher gründlich aus
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vorgestern trat mir die krähe entgegen
in einem weißen abendkleid
wir flogen ins nahe atomkraftwerk
und waren nachher voller lust
ich sagte ihr: wenn ich ein vögelein wär
dann hätt ich wohl jetzt keinen frust
sie aber stellte sich stramm und sehr stolz
erhob ihren rechten flügel
wald – sagte sie krächzend und
heim – möchte sie gehen
und flog dann dorthin hinterm hügel
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im sonnenaufgang
menschen untergehen sehen
und schlaflos einer nacht
zuviel gewalt getan
im see verdampft das letzte lustgeflüster
ein kühler morgen legt sich müd ins tal
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in seidne schenkel
möchte ich fallen
ein phantomjäger pirscht vorbei
da gleich ums eck geh ich
mit meinem kopf spazieren
der hund auf frauchens schoß
bricht bald entzwei
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ruft jemand an
sind wir besetzt
kein winkel ist mehr frei
mit camel ins traumland
mit playboy ins schaumland
mir marquez ins märchen
ein leben lang pärchen
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ich wie ich euch betrüge
in meinem kopfe nistet sich
das grauen eures lebens
ich schlag in eure fressen
wortstinkendes gebrei
mit messern zerschneid ich die wonne im mai
eulen die augen gewürm für das ohr
schwefelgasdämpfe die nase empor
blicke im nacken steine im schuh
umleitungen
ich schwimm die luftröhre hinab
und eure lügen reiß ich ab vom fleisch
ich wie ich euch
wenn ich des morgens im spiegel
"wörterbilder" ist auch zu finden im Literaturhaus am Inn, Innsbruck, unter
"Literaturhaus special 4":
http://www.uibk.ac.at/literaturhaus/