am boden im tal am ende.
sie auch, oder? talboden erreicht. tiefer gehts nimmer. von wegen. von hier, vom talboden aus, gehts erst richtig bergab, die hölle ist unten, im tiefland, und dann noch weiter draußen, im flachland. wo die wichser moralines spritzen. sie verstehen mich falsch. ich habe nichts gegen wichser. wie sollte ich. hier im tal. oder auch auf den wipfeln. nein, nicht das wichsen. das moraline lässt aufstoßen. speiben also. aber, wie gesagt, das alles ist weiter unten, weiter draußen. wir hier müssen das nur eben saisonmäßig aushalten. gesunde luft, einfache kost, dünner wein. so waren die anfänge. ein paar fremde und die wenigen verrückten von uns, die auf die berge gestiegen sind und im winter mit den skiern unterwegs waren. alles harmlos. ein paar spinner eben. entweder taugenichtse oder verwöhntes nobelgemüse, das urwaldspiele in den alpen zu spielen begehrte.
mit dem berg und den bergen, die da hämisch rund ums tal stehen, kam auch die lust. hinaufzusteigen, fast herunterzufallen, oder dabei zuzusehen. wer den gipfel schafft, darf sich das tal aussuchen. nach dem gipfel das tal. die belohnung. die geborgenheit in den warmen moosigen schenkeln der abhänge. diesen anfängen wehrte der pfarrer von der kanzel mit den fürchterlichsten visionen von sodom und gomorrha, ließ sturm läuten gegen die sünde. bis er selbst vom teufel geritten wurde in form der neuen köchin aus dem schwarzen afrika. seine predigten wurden sanfter und ganz allgemein wurde er ein umgängliches mensch. so bekam er bald das geld für den neuen kirchturm und einen heimplatz für ein paar schwarzweiße kinder auch.
es fügte sich. das eine ins andere, das seine ins ihre, das geld in die landschaft. und ein blühen begann und ein wachsen, dass die alten selbst in der kirche nicht mehr ihren herrgott wieder erkannten, und wo einst der bauer mit den ochsen den mist ausfuhr, führte er jetzt mit dem teuersten aller autos die touristen in seinen wellnessstadl. musik wurde gemacht, die huren hergeholt, nachdem es sich erwiesen hatte, dass die einheimischen weiber dazu nicht taugten.
im winter der schnee, im sommer die berge, im frühling und herbst jene, die dem sommer und dem winter ausweichen wollten. ein geldsegen rund ums jahr. hie und da blieb der schnee aus. auch mit segen war nichts zu machen. aber kanonen. einfach wasser und kanonen. der einfachste krieg gegen die natur. bis eben die maschinen so heiß liefen, dass ihnen der produzierte schnee noch schmolz, bevor er überhaupt zu liegen kam. überhaupt kam niemand mehr zu liegen. die einen mussten die importierten huren testen, die anderen das geld in eine stiftung verwandeln, der pfarrer plante gutes bei reisen nach schwarzafrika, die weiber kümmerten sich ums heil.
soweit also war alles in den sieben tagen des herrn geregelt, bis einer die blendende idee hatte, das wasser des tales, das nun schon seit einigen hunderttausenden von jahren aus den bergen kam, den fremden für teures geld zu verkaufen. was bisher noch gratis auf die tische kam, aus dem überfluss der natur, wurde nun für viel geld verkauft. zuerst halblegal, dann ganz, in flaschen abgepackt, mit bio-etiketten versehen und naturgeiler echtheit, „der sekt der natur“ stand überall zu lesen und die banknoten sammelten sich in den herzen der talbewohner.
„natursekt“ spotteten die mühelos reich gewordenen einheimischen und lachten und freuten sich. und ihre gedanken schweiften weit ab von der klarheit des eigenen wassers hin zu jenem der huren, die auf den tischen tanzend sich ein hartes brot verdienen mussten und behandelt wurden wie früher die kühe im stall und die schafe im sommer auf den almen.
bis sich dann einer ausdachte, dass das duschen nun so ja auch nicht mehr von statten gehen könne, weil wellness ja gut und recht, aber endlos gratis wasser, das kanns wohl auch nicht sein, und der so begann, seinen gästen das heilsame und entspannende dieses tal- und bergwassers vorzugaukeln und dafür dann schön vordosierte münzenmengen für jeden strahl unter der dusche zu verlangen. 30 sekunden duschen für 1 dukaten. das war die neue idee und wie ein lauffeuer jagte diese durchs tal. jeder tropfen wasser verwandelte sich in silberquell und wie früher die menschen in der wüste an den ölquellen überschwemmte der segen des wohligen standes alle im tal, selbst jene, die davon nichts wollten.
maul halten, zahlen! für jede kuh. mindestens 50 liter pro tag versauft jedes dieser viecher. und das wollt ihr bauern geschenkt haben? wo das wasser jetzt bald mehr wert ist als das öl? wer braucht denn überhaupt noch eure viecher? stinken und scheißen das tal voll und im sommer auch noch die berge!
ein neuer ton im tal. allerdings: die meisten bauern lebten eher vom wasserverkauf an die touristen als vom milchverkauf. sie waren zwar mit diesen argumenten nicht gleich einverstanden, doch konnten sie sich deren logik nicht entziehen. und der wasserverkauf war mühelos und sauber.
also blieben die paar querköpfe. die nörgler und neider. die ewiggestrigen. es war nur mehr eine handvoll. am sonntag brachte der pfarrer beim hochamt das gleichnis des hartnäckigen hirten, der das wort des herrn missachtete, als dieser einen treuebeweis von ihm verlangte. und alle in der kirche hatten verstanden und die handvoll der letzten aufrechten ging gebeugten hauptes von der kirche direkt ins wirtshaus, besoff sich ein letztes mal gemeinsam und opferte damit den widerstand gegen den wasserreichtum im tal. einer erhängte sich am selben tag im stall, ein anderer übernahm die nachtwache an den quellen, die übrigen tauchten unter.
jetzt aber. es gab kein halten mehr. jeder tropfen wasser wurde auf die bank getragen. und die gier nahm in den gesichtern platz. uneingeschränkt. noch nicht ziehen! ich muss auch noch! so schrie der vater vor dem klo. dann gabs heftige ohrfeigen, wenn die tochter noch die reste ihrer tage wegspülte oder der blöde sohn einfach nicht zugehört hatte, weil ihm nur mehr die brüste der huren aus der stadt in den ohren sausten.
wer konnte, versuchte seine eigene quelle anzumelden. das amt für grundbucheintäge hatte hochbetrieb. dessen leiter und die dazu gehörende sekretärin hatten bis zu diesem zeitpunkt ein behagliches dasein geführt. der bürgermeister gab einmal im monat eine anweisung. das wars dann schon. fast ausschließlich umwidmungen von grundstücken. aus landwirtschaftlichen flächen wurde bauland. einfach. und für jede umwidmung gab es immer auch ein danke schön. das schönste war eine reise zum papst. die vertreter des tals beim papst mit der bitte um den hl.segen für die landschaft und das vieh.
jetzt aber war plötzlich jeden tag ein menge los im büro. wenn das so weiter geht, kündige ich, sagte die sekretärin und auch der leiter wusste sich keinen rat. früher hatte jeder hof eine quelle gehabt, das war einfach. dann sind die wasserleitungen gekommen und das wasser hat der gemeinde gehört, also allen, also war fast nichts zu bezahlen. aber jetzt standen da im büro männer und weiber mit hochroten köpfen und stritten sich um längst versiegte wasseradern oder über eingebrochene zigglbrunnen. beachballspielplätze mit dem silberwasser, giant-rutschen in dem wellnesssaft. alle hatten ideen und doch träumten alle vom gleichen: vom gott auf dem magnetstreifen, der die konten bis in die unendlichkeit auffüllen würde.
träume kamen in den nächten von den bergen in das tal und tanzten in den schädeln der einstigen bauern und bäuerinnen seltsame tänze. da kamen einhörner vor und abgeschlagne drachenschwänze, die sich an den kindern vergingen, da waren wild gewordene ziegenböcke mit frauenunterleibern, und obwohl es niemand so richtig verstand im tal, obwohl es auch niemand so richtig wusste, woher und warum: es war doch immer dieses wasser ganz hinten, ganz oben. das wasser, das teure. im letzten berg im tal, da sollte tief im fels ein riesiges gewässer sein, das meer der almen, die see der bergvölker. und dieses wasser wartete im traum, und die träumer verspürten, dass es sich ärgerte, und dass es langsam zu kochen begann, und erst in den morgenstunden der schlaf der halbtoten mammonanbeter und -beterinnen das bild des almenmeers in die nächste nacht verbannte.
vorerst aber wurde noch verkauft. und wie. nachdem die wassernutzung im tal bis zum letzten tropfen gewinnbringend gesteuert worden ist, haben findige nichtsnutze begonnen, das wertvolle nass zu exportieren. weltweit mit alleinvertriebskonzession.
und weil die welt viel größer als das tal ist, war dann bei der unglaublichen nachfrage das wasser im tal auch bald zu wenig. es musste „dazu gekauft“ werden. aus den nachbarstälern. am anfang gings locker, aber bald wollten auch die nachbarn nicht nur „dazu“ verdienen, sondern wollten selbst das große geld. „entweder-oder“ war schnell die einzige verhandlungsbasis. die nebentäler machten sich selbständig, verkauften ihr wasser günstiger, konnten bei produktion und vertrieb beträchtliche summen durch bessere verwertung einsparen.
noch ging alles gut. noch verdienten alle genug. nur die träume weiteten sich aus. die kravattenmänner mussten öfters in diverse kliniken. das lächeln hielt nicht mehr so lange, es musste viel gesaugt und aufgepowert werden. die medien setzten filter ein und die kravattenmänner blieben dann noch eine zeit lang unverändert ewig jugendlich und voller kraft.
im berg aber hinten im tal, da begann in den träumen der menschen das wasser zu brodeln und dem einen oder anderen widerfuhr seltsames, was besser nicht erzählt oder gar aufgeschrieben werden sollte. alte verschwanden in banktresoren und kamen nie wieder zurück, ungeborne hatten konten in ungeahnter höhe, witwen ritten in den julinächten auf verbotnen rücken in die safes der nationalbanken.
das wasser im berg. so viel gäb es davon zu verkaufen. die immer mehr wollen, wollen auch das. die anderen sehen türme und dämme. die irgendwann brechen, die irgendwann